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Artgerechte Kaninchenernährung
in Informationen rund ums Kaninchen 17.04.2008 10:44von Admina • Besucher | 103 Beiträge
Artgerechte Kaninchenernährung
Das ‚ganz gewöhnliche’ Trockenfutter
Im Zoohandel gibt es eine Fülle von verschiedenen Trockenfuttermischungen, die zumeist aus Getreidebestandteilen, bunten Zusätzen und getrocknetem Gemüse bestehen. Diese Art der Ernährung entspricht nicht den Bedürfnissen der Tiere nach rohfasereicher und energiearmer Ernährung und stellt große Probleme dar für die Gesundheit der Tiere.
Zuerst bestehen die meisten Trockenfuttermischungen aus Bestandteilen wie Zucker, Melasse, Honig, Bäckereinebenerzeugnisse, Aromastoffen, Getreide, Mais und anderen energiereichen Zutaten. Diese kalorienreiche Ernährung sorgt dafür, dass die Kaninchen zu schnell gesättigt werden und nicht genügend Nahrung aufnehmen. Das ist für den Stopfmagen der Kaninchen allerdings äußerst schädlich, da das Weitertreiben des Nahrungsbreis durch zu geringe Nahrungsmengenzufuhr nicht mehr gewährleistet werden
kann. Kaninchen haben einen Stopfmagen, der nur sehr gering bemuskelt ist und deshalb nicht selbstständig den Nahrungsbrei weitertransportieren kann. Dies kann zu Verdauungsproblemen wie Verstopfung oder Blähungen führen. Weiter führt die hohe Nährstoffdichte auch zu Übergewicht, da Kaninchen durch ihr Verdauungssystem
auf karge Nahrung und gute Verwertung spezialisiert sind.
Viele der Inhaltsstoffe sind für die Kaninchen sehr schwer verdaulich. Das größte Problem ist hierbei das Getreide. In der freien Wildbahn fressen Kaninchen kein Getreide und ihr Verdauungssystem ist nicht darauf ausgelegt, es zu verdauen. Der natürliche ph- Wert beim Kaninchen im Darm liegt zwischen acht und neun.
Getreide, das sehr stärkehaltig ist, setzt diesen natürlichen ph- Wert der Magen- Darm- Flora auf fünf bis sechs herunter. Dadurch sterben lebenswichtige Enzyme und es kommt zudem zu einer Übersiedelung mit unerwünschten Keimen wie e. coli, was auf Dauer gesundheitsschädlich ist. Es kommt so oft zu Verdauungsstörungen wie Blähungen oder Durchfall.
Ein weiteres Problem bei Trockenfuttermischungen ist die Darreichungsform. Trockenfutter besteht zumeist aus kleinen Pellets und bunten Kugeln. Diese Art des Futters wird von den Kaninchen nicht richtig gekaut, sondern nur am Gaumen zerdrückt. Dadurch werden die Zähne nicht korrekt abgenutzt und es kommt mittelfristig zu Zahnproblemen wie Zahnfehlstellungen oder Abszessen.
Insgesamt wird deutlich, dass Trockenfuttermischungen aus dem Handel nicht im Sinne der Tiere sind. Sie haben allerdings in der Zielgruppe eine hohe Kaufakzeptanz, da sie optisch ansprechend aufgemacht sind, praktisch erscheinen und mit großen Versprechen beworben werden. Dennoch sollte man von diesenFuttermischungen, die ein Kaninchen in der Natur nie zu fressen bekäme, zugunsten einer artgerechten Ernährung mit Heu als Hauptfuttermittel Abstand nehmen und die Kaninchen, die noch mit Trockenfutter
ernährt werden, langsam umgestellt werden auf eine artgerechte und gesund Ernährung. Selbst die Gabe von geringen Mengen dieser minderwertigen Futtermittel ist unnötig und sogar schädlich.
Getreidefreies Trockenfutter, dass ohne Zuckerzugabe auskommt, kann hingegen gelegentlich in kleinen Mengen gefüttert werden. Hier sollte aber besonders auf die Qualität der Inhaltsstoffe beachtet werden.
Artgerechte Kaninchenernährung
Kaninchen sollten aufgrund ihres Stopfmagens genügend Rohfaser zu sich nehmen – deshalb besteht die artgerechte Kaninchenernährung zu 80% aus hochwertigem, gut strukturierten Heu, am besten vom ersten Schnitt. Als Abwechslung kann man den Tieren täglich ein bis zwei kleinere Portionen Frischfutter reichen.
Diese sollten aber nicht mehr als 20% der täglich aufgenommenen Nahrungsmenge ausmachen. Man kann den Tieren verschiedene Gemüsesorten geben, zum Beispiel Möhre mit Grün, Sellerie, Fenchel, ungespritzter Salat, Petersilienwurzel, Kohlrabiblätter, etc. Gelegentlich kann man den Tieren ein Stück Obst wie zum Beispiel Apfel oder Birne als Leckerei anbieten. Zudem sollten Kaninchen frische Zweige zum Nagen bekommen. Hier
eignen sich zum Beispiel Zweige des Apfelbaumes oder Hasel.
Nahrungsumstellung
Es ist empfehlenswert, Kaninchen, die getreidehaltig ernährt werden, langsam auf eine artgerechte Ernährung umzustellen. Eine Nahrungsumstellung ist aber nicht unbedingt unproblematisch. Wichtig ist, dass die Tiere nie radikal umgestellt werden, da dies die Leber stark belastet! Über einen längeren Zeitraum muss das Tier vorsichtig an die neue Ernährungsform gewöhnt werden. Dazu sollte man ca. vier bis sechs Wochen einplanen,
um das Tier komplett umzustellen. Bei Tieren, die über viele Jahre Trockenfutter bekommen haben oder einen geschwächten Allgemeinzustand haben, sollte man sich mindestens doppelt so lange Zeit nehmen für die Umstellung.
Das Trockenfutter sollte über den angegebenen Zeitraum langsam aber stetig reduziert werden. Dazu empfiehlt es sich, das Futter alle paar Tage ein wenig mehr zu reduzieren, bis man es nach einigen Wochen komplett weglässt. Am besten macht man sich dazu eine Art Plan mit ‚Esslöffeleinheiten’, um eine langsame Entwöhnung zu gewährleisten. Weiter ist wichtig, dass man dem Tier nur einmal am Tag Trockenfutter in den Napf gibt und
dann innerhalb von 24 Stunden nichts mehr nachfüllt. Wichtig ist in dieser Zeit, dass das Heu attraktiv für die Kaninchen wird. Dazu kann man es zuerst mir
getrockneten Kräutern appetitlicher gestalten. Es gibt Kaninchen, die bei Trockenfutterfütterung so gut wie gar kein Heu gefressen haben und erst lernen müssen, dass Heu ein Nahrungsmittel ist, dass regelmäßig und zum Stillen des Hungers gefressen wird.
In der Umgewöhnungsphase muss sich auch das Verdauungssystem, das durch die Getreidefütterung oft in einem Ungleichgewicht ist, an die neue Ernährung anpassen. Dazu ist es wichtig, dass viel Heu gefüttert wird.
Am besten verzichtet man in der Umgewöhnungsphase fast vollständig auf Frischfutter, damit sich das Verdauungssystem erholen kann und saniert wird. Nach der Umstellung kann man ebenso langsam anfangen, die Tiere an Frischfutter zu gewöhnen.
Die Nahrungsumstellung ist keine einfache Phase, aber die Kaninchen werden danach artgerechter leben können und weniger Gesundheitsprobleme haben.
Quelle: Wir helfen Kaninchen e.V.
Ergänzung der Administration:
(aus gegebenen Anlass Oktober 2010)
Von einer Ernährungsumstellung bei alten Kaninchen sollte möglichst Abstand genommen werden, weil das Verdauungsystem das sehr schlecht verarbeiten kann und es unter Umständen zu einem totalen Zusammenbruch dessen kommt. Wenn der neue Halter es aber doch unbedingt umsetzen möchte, sollte er das alte Kaninchen sensibel an ein neue Futterart (z.b. ein neues Gemüse) gewöhnen und diese Einzelfutterkomponente in sehr geringen Mengen zusätzlich zum bekannten Futter anbieten.
Bevor weitere neue Futterkomponenten angeboten werden, sollte das Verdauungsystem des alten Tieres über mind. 1-2 Wochen beobachtet werden.
Abstand sollte in diesem Fall von stark Vit C haltigen Futterkomponeten (z.b. Paprika) genommen werden, weil dieser dem Tier unbekannte Vit C Überschuss zu Durchfall und Schleimhautläsuren führen kann.
Das für den älteren Kaninchenmagen nicht bekannte Vit C ist wie eine Art 'Säureattacke' im Magen zu werten.
Paprika ist gesundes Meerschweinchenfutter aber im Kaninchenmagen sollte es nur in seltenen und geringen Maßen zu finden sein.
Beispiel:
Ein 10 Jähriger Kaninchenbock wurde bislang mit bestimmten Ernährungkomponenten ernährt, die er auch sehr gut vertragen hat ohne Durchfall zu bekommen.
Der neue Halter will das Tier aber unbedingt auf artgerechtere Ernährung umstellen und verfüttert u.a. täglich Paprika, Gurke und Tomate und reduziert das gewohnte bekannte Futter des alten Tieres.
Wird so regelmässig gefüttert, könnte der Tod des alten Kaninchenbockes ggf. die Folge sein, weil sein Verdauungssystem dieses 'Meerschweinchenfutter' nicht gewohnt ist und die Schleimhäute im Magen- und Darmtrakt und somit der gesunde PH-Wert gefährlich angegriffen werden können.
Die Gabe von Tomaten (selbst beim gesunden und jungen Kaninchen) können bei Überfütterung ( tägliche oder zweitägliche Gabe beim Kaninchen) zu Durchfall führen.
Die Gabe von Gurken (selbst beim gesunden und jungen Kaninchen) können in täglichen Mengen zu Matschkötteln oder Durchfall führen.
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