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Einzelhaltung

in Informationen rund ums Kaninchen 17.04.2008 10:46
von Admina • Besucher | 103 Beiträge

Einzelhaltung

Die Mehrzahl der in Gefangenschaft, also bei Menschen lebenden Kaninchen werden einzeln in Käfigen, Boxen oder Buchten gehalten. Von der Trennung dieser Tiere aus dem Familienverband also von Mutter und Geschwistern bis zu ihrem Tod, haben sie nie mehr die Möglichkeit mit anderen Kaninchen zu leben
und Sozialkontakte zu ihren Artgenossen zu knüpfen.
Ihre Halter denken über dieses Leben ihrer „Schützlinge“ in den seltensten Fällen nach.
Diese Haltungsform in Ställen und Buchten hat sich über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte so herausgebildet so dass die meisten Kaninchenhalter glauben, das müsste so sein und sich eine andere Haltungsform nicht vorstellen können.

Wir wollen uns in diesem Thema die Argumente die ins Feld geführt werden einmal näher anschauen und uns mit der Einzelhaltung von Kaninchen auseinandersetzen.


a) Wie leben die wilden Verwandten unserer Hauskaninchen

Kaninchen leben in ihrem Verbreitungsgebiet in großen Gruppen, so genannten Kolonien.
Dies sind große Kaninchen-Familienverbände. Sie legen gemeinsam unterirdische Baue also Röhren oder Gänge an, rund um dieses Höhlensystem liegt ihr Revier.
(Der lat. Name der Kaninchen Cuniculus bedeutet ja grundsätzlich einmal „unterirdischer Gang, Höhle“).
Die Reviergrenzen der Kolonie welche je nach Größe der Kolonie und dem Nahrungsvorkommen
bzw. Nahrungsangebot unterschiedlich groß sein können, werden deutlich durch Urin und Kot markiert.
Gegenüber ihren Artgenossen zeichnen sich Kaninchen durch ein sehr ausgeprägtes und tiefschichtiges Sozialverhalten aus. Die Rangordnung ist klar geregelt. Der Platz der Kaninchen innerhalb der Sozialgemeinschaft „Kaninchenfamilie“ leitet sich aus dem Rang ab, welches das Kaninchen innerhalb der Gruppe einnimmt.
Ranghöhere Tiere dürfen die sichereren und größeren Bauten einnehmen, die unsichereren Außenbereiche der Kolonie bevölkern rangniedrigere Tiere.
Kaninchen sind sehr an ihre Reviere gebunden und wechseln die Standorte nicht sehr häufig meist nur dann, wenn die Lebensbedingungen (Nahrungsangebot, Bodenbeschaffenheit, veränderte Witterungseinflüsse, Geländeveränderungen ) es erforderlich machen.

Die Familien bleiben in der Regel unter sich. Jungtiere und Weibchen anderer Gruppen werden allerdings durchaus aufgenommen, erwachsene fremde Rammler hingegen werden sofort angegriffen und vertrieben. Kämpfe innerhalb der Familien und Gruppen werden immer wieder ausgetragen, vor allem um eine höhere Rangposition innerhalb der Kolonie zu erlangen, oder wenn das eigene Revier bzw. der eigene Bau verteidigt wird.

b) Ableitungen, Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen des Zusammenlebens bei
Wildkaninchen

Das Zusammenleben gibt den Kaninchen in freier Wildbahn gegenseitige Sicherheit. Sowohl bei der Nahrungsaufnahme als auch beim Ruhen wird man bei in Gruppen gehaltenen Tieren immer wieder erleben, dass einzelne Tiere die „Sicherung“ der Gruppe übernehmen, indem sie sich aufrichten und
ihre Lauscher in alle Richtungen drehen, um verdächtige Geräusche oder eine Feindannäherung wahrzunehmen.
Die gegenseitige Fell- und Körperpflege spielt ebenfalls eine große Rolle. Kaninchen kuscheln gerne miteinander und putzen sich gegenseitig. All diese Möglichkeiten werden einem einzeln gehaltenen Tier genommen. Für das Tier bedeutet das Fehlen derartiger Komponenten Stress.


Wer jemals eine Gruppenhaltung oder wenigstens die Zusammenhaltung von zwei Kaninchen beobachten konnte, der wird bestätigen, welche Freude es macht, den Kaninchen dabei zuzusehen, wie sie hintereinander herlaufen, zusammen ihr „Revier“ erkunden, zusammengekuschelt in der Frühlings- oder Herbstsonne liegen oder sich liebevoll die Ohren und das Fell abschlecken.
Wie tieftraurig ist dagegen der Anblick eines einzelnen Kaninchen, welches in seinem Käfig oder seiner Bucht seine Zeit absitzt bis sein Halter einmal am Tag (oder auch nicht) für wenige Minuten oder Stunden kommt und sich darum kümmert.

Wie unendlich traurig und depressiv ist ein einzeln gehaltenes Kaninchen das lustlos und freudlos umherhoppelt und beim Freilauf nur mit einem Menschen spielen kann, der seine Kaninchengestik, seine Blicke und Lautäußerungen nicht verstehen kann, seine Spiele nicht spielen kann und der ganz bestimmt keine 24 Stunden Zeit am Tag für es hat.


c) die „Beruhigungs-Argumente“ der „Einzelhalter“

Mein Kaninchen fühlt sich wohl, auch alleine

Kaninchen können sich gegenüber dem Menschen nicht verständlich machen und erscheinen zunächst als sehr anpassungsfähig. Dass ein Kaninchen unglücklich war, merkt der Halter meist erst, wenn man es vergesellschaftet hat und sieht wie sehr es auflebt und sich wieder am Leben erfreut.

Mein Kaninchen hat ein Meerschweinchen als Partner

Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, welche belegen, dass diese beiden Spezies nicht zusammenpassen und sich gegenseitig niemals zum Partner wählen würden.
Es kann nur gleichgültigen oder geschäftstüchtigen Menschen einfallen, die Zusammenhaltung von Tieren mit solch grundverschiedenen Grundverhaltensmustern als ideal zu bezeichnen.
Meeries und Kaninchen dulden sich in Einzelfällen gegenseitig. Aber Duldung darf man hier nicht mit Freundschaft gleichsetzen.


Ich beschäftige mich mit meinem Kaninchen, spiele oft mit ihm

Kein Tierhalter kann sich 24 Stunden am Tag mit seinem Kaninchen beschäftigen. Kein Mensch wird sein Kaninchen zur Körper- und Fellpflege ablecken. Das Streicheln mit der Hand ersetzt dies nicht. Wir sprechen mit unseren Kaninchen, aber nicht in ihrer Sprache und darum verstehen sie uns nicht. Man kann sein Tier mit Futter versorgen, aber niemand wird sich mit seinem Kaninchen um ein Löwenzahnblatt streiten und daraus eine Verfolgungsjagd durch das Gehege veranstalten. Niemand wird sich zu seinem Kaninchen in das Gehege setzen und es während der Nacht wärmen, damit es nicht friert.

Ich will, dass mein Tier zahm wird oder bleibt

Dies ist eine sehr egoistische Einstellung zum Tier. Denn man fürchtet sich davor, dass das Tier durch seine(n) Spielgefährten sich nicht mehr zu einem selbst hingezogen fühlt.
Das Gegenteil ist der Fall, den ein glückliches Tier freut sich trotzdem wenn man sich mit ihm beschäftigt und häufig machen sie sich ja auch gegenseitig Mut und sich fürchten sich nicht so vor diesem großen Menschen, der sich ihnen nähert. Wenn man kommt und statt einem hüpfen einem mehrere Kaninchen entgegen, so ist das sehr schön.

Mein Platz reicht nicht für mehr Kaninchen

Auf den Platzanspruch den ein Kaninchen an eine tier- (schutz-)gerechte Haltung stellt wird in diesem Forum an mehreren Stellen eingegangen. Die Mindestgröße von 2 qm/Tier soll nicht unterschritten werden. Wo zwei Kaninchen keinen Platz haben, da ist auch eines zuviel.
Kaninchen müssen hoppeln können. Ich verweise hier auf die FAQ’s zum Gehegebau und zur Haltung. Lösungen im Sinne der Kaninchen sind immer möglich. Wenn man den Platz für zwei Kaninchen wirklich nicht hat, dann kann man eben keine Kaninchen halten.

Mehr Kaninchen bedeuten mehr Arbeit und kosten mehr Geld

Ein weiteres Kaninchen kostet nur unwesentlich mehr Geld als das erste. Auch der Pflegeaufwand für ein weiteres Kaninchen verdoppelt sich nicht. Im Gegenteil, man muss weniger Zeit für sein Kaninchen aufwenden, da es ja einen Spielgefährten hat. Diese Zeit kann man gut in eine intensivere Pflege investieren.
Kaninchen können teuer werden wenn sie Erkrankungen bekommen die eine zeitintensive oder komplizierte Behandlungen beim Tierarzt erfordert. Dies ist aber eine Überlegung, die man auch bei nur einem Kaninchen ins Kalkül ziehen muss. Und das Geld welches man für den Tierarzt aufwenden muß weil das Tier aufgrund Einzelhaltung verhaltensgestört und krank wird, hat man auf jeden Fall eingespart.

Mein Kaninchen verträgt sich nicht mit anderen

Diese Erkenntnis beruht häufig auf der Tatsache, dass man sein Kaninchen mal eben kurzzeitig mit einem anderen Kaninchen zusammengelassen hat. Kaninchen klären in diesem Fall sofort die Rangordnung und das äußert sich eben in Rangordnungskämpfen.
Die Regeln der Zusammenführung wurden in diesem Falle nicht beachtet (vgl. FAQ und Board).
Eine erfolgreiche Zusammenführung ist nur möglich, wenn die Grundsätze und Regeln beachtet wurden. Aus den erwähnten Zufälligkeiten heraus gleich die erwähnten Rückschlüsse zu ziehen und sein Tier vom Glück zu Zweit auszuschließen ist daher falsch.

Mein Kaninchen ist zu alt, um sich mit anderen zu vertragen

Einzeln gehaltene Tiere werden über kurz oder lang verhaltensauffällig. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Vergesellschaftung von vornherein ausgeschlossen ist. Wenn die unter den FAQ’s und im Board beschriebenen Regeln zur Zusammenführung beachtet wird fast immer Erfolg haben. Es gibt Kaninchen die im hohen Alter erfolgreich vergesellschaftet wurden.

Zusammenfassung:
Es gibt keine sachlichen Argumente für die Einzelhaltung. Im Tierschutzgesetz steht, man muss Tiere artgerecht halten. Der Art der Kaninchen entspricht nur eine Gruppenhaltung.

„Menschenkenntnis dämpft die Menschenliebe,
Tierkenntnis erhöht die Tierliebe.“
Prof. Dr. Bernhard Grzimek

Der Beweis für die oben stehenden Ausführungen (denn Bilder sagen mehr als tausend Worte):



© jonmajer 2006

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