#1

Mord in Remscheid

in Fotos- und Geschichten 23.07.2008 23:37
von Tinkerbell • Besucher | 63 Beiträge

Hallo an alle,
einige kennen die Geschichte ja schon, ich will sie aber dennoch mal erzählen.
Es ist ja auch schon sowas wie eine Hommage geworden an all die Lieben, die nicht mehr bei uns sind: Bounty, Klementinchen, Bilbo und Fidibus.


Der Fall

In den Morgenstunden des 06.06.2005 gegen 9 Uhr wurde in der Wohnung M.-L.-Str. in Remscheid die Leiche von "Der Spezialist" von F. Paul Wilson (Taschenbuchausgabe) gefunden.
Die Mieterin, Sylvia F., fand die übel zugerichtete Leiche in ihrem Bett. "Der Spezialist" war vor ca. 2 Monaten aus der Bücherei angereist und bei ihr zu Gast.
Sylvia F. machte zum Zeitpunkt der Vernehmung eine sehr wirren Eindruck, erklärte jedoch, das sei der Normalzustand um diese Uhrzeit und ohne einen Kaffee sage sie gar nichts.
Es fehlen jegliche Hinweise auf Täter und Motiv. "Der Spezialist" wurde vom Täter im Schlaf überrascht und brutal ermordet. Aus Rücksicht auf die vielen Buchliebhaber kann kein Foto der Leiche veröffentlicht werden.

"Der Spezialist" - Opfer eines Serienmörders?

Die Spurensicherung im Schlafzimmer von Sylvia F. hat bisher keine greifbaren Ergebnisse gezeigt; es sind jedoch Gerüchte im Umlauf, es sei etwas "Merkwürdiges" gefunden worden, dessen Herkunft unbekannt ist.
Im Verlauf der gestrigen Ermittlungen sind Hinweise auf Verbrechen in anderen Teilen der Wohnung (Wohnzimmer) zur Sprache gekommen: Bücherleichen, die z.T. nicht mehr identifiziert werden können, auch von verschwundenen Büchern ist die Rede - wurden sie ebenfalls Opfer des Serienkillers?
Es fanden sich ebenfalls verdächtige Spuren am kleinen Kratzbaum im Wohnzimmer, die weder für Katzen noch für Streifenhörnchen (das Streifenhörnchen des Hauses sitzt wohl immer auf dem Kratzbaum) typisch sind.
Im moment wird darüber beraten, das BKA oder sogar das FBI einzuschalten, um ein Täterprofil zu erstellen.
Nach welchen Kriterien sucht der Killer seine Opfer aus? Eine bestimmte Papierart? Ein bestimmter Einband? Besteht eine inhaltliche Verbindung zwischen den Opfern?
Zuviele Fragen, die auf Antwort warten.


Die Zeugen

Die Befragung der Bewohner der Wohnung M.-L.-Str. in Remscheid ergab folgendes Bild:

1) Sylvia F., 41 Jahre, Mieterin vorgenannter Wohnung:
Sie gibt an, fest geschlafen zu haben, zwischendurch jedoch mal ein Geräusch gehört zu haben, das sie "etwas weckte". So gegen 8.45 oder 8.55 Uhr (genau wisse sie das nicht) sei sie dann endgültig aufgewacht und habe die Leiche des "Spezialisten" neben sich im Bett vorgefunden. Sie habe ihn kurz angeschaut, dabei gesehen, daß er "hinüber" sei, und dann erstmal Kaffee gekocht und für das Frühstück ihrer Mitbewohner gesorgt. Für den "Spezialisten" habe sie ja eh nichts mehr tun können, dann hätte es ihrer Meinung nach ausgereicht, nach den morgendlichen Verrichtungen die Polizei anzurufen, was sie dann ja auch getan habe.
Bei deren Eintreffen war sie immer noch sehr konfus (Zitat "um diese Uhrzeit bin ich zu nichts fähig"), konnte weder genaue Angaben zur Zeit machen, zu der sie das Geräusch gehört hat noch zur Zeit, zu der sie den "Spezialisten" zuletzt gesehen habe (Zitat "evt. gegen 23.00 Uhr? nee, eher früher, 22.30 Uhr, ach nee, doch eher 23.30 Uhr" usw. ...) Auch zum Opfer könne sie keine Angaben machen, sie habe ihn vor ca. 2 Monaten (auch das wisse sie nicht mehr genau) aus der Bücherei zu sich eingeladen, sich aber bisher nicht mit ihm beschäftigt. Da könne sie auch zum Motiv keine Angaben machen, sie wisse nicht, ob der Inhalt brisant gewesen sei oder der Autor Feinde habe.
Man konnte sich während der Vernehmung jedoch nicht des Eindrucks erwehren, Sylvia F. wisse doch sehr viel mehr, als sie zu Protokoll gab.

2)Bilbo (16 Jahre) und Julchen (12 Jahre), Katzen
Bilbo und Julchen gaben an, geschlafen zu haben. So früh seien sie selten schon wach.
Bilbo konnte sich nicht erinnern, wo er geschlafen hat, keinesfalls jedoch im Schlafzimmer, momentan bevorzuge er andere Plätze. Er habe weder etwas gehört noch gesehen, um diese unchristliche Zeit könne das auch keiner von ihm verlangen.
Julchen sagte aus, sie sei zwischendurch mal zu Sylvia F. ins Bett gekrabbelt, wann wisse sie aber nicht mehr und aufgefallen sei ihr auch nichts Ungewöhnliches. Ob "der Spezialist" noch am Leben war, könne sie auch nicht sagen, sie interessiere sich nicht für Bücher.
Auf die Frage nach den anderen Buchopfern und dem kleinen Kratzbaum antworteten beide, Bücher seien lediglich als Schlafplatz hin und wieder interessant. Der kleine Kratzbaum im Wohnzimmer interessiere auch nicht, wenn Kratzbaum, dann der große im Schlafzimmer. Im übrigen bevorzuge man Tapeten (wovon sich die Beamten vor Ort überzeugen konnten), das mache man auch gerne zusammen mit den Wackelnasen (Kaninchen), vor allem Bounty sei immer gerne dabei und leiste ganze Arbeit.
Ansonsten sei man zwar neugierig und gerne mit dabei, aber solange kein Katzenmörder unterwegs wäre......

3)Klementinchen (8 Jahre) und Bounty (1 Jahr), Kaninchen
Die beiden Kaninchen sagten aus, sie hätten die Nacht gemeinsam wie immer im Wohnzimmer verbracht. Mit Schlafen natürlich auch, aber da man seit einem 3/4 Jahr ein äußerst verliebtes Paar sei ...., na, die Beamten wissen schon.
Sicherlich seien sie auch mal in den frühen Morgenstunden (evt. zwischen 5 und 6 Uhr) rumgelaufen, das mache man öfter, hätten sich jedoch schnell wieder zum Schlafen, Dösen und Kuscheln zurückgezogen.
Bounty fügte noch hinzu, ein Blick auf seinen Wonneproppen müsse doch deutlich machen, daß man da mit Büchern nicht wirklich was im Sinn hat.
Klementinchen meinte zum Abschluß, die Beamten sollen doch mal das Horn befragen, das stecke seine Nase ja schließlich überall rein.

4)Tinkerbell Merlin (Alter unbekannt), Streifenhörnchen
Auch Tinkerbell konnte nichts Produktives zur Aufklärung des scheußlichen Verbrechens beitragen.
Aufgestanden sei sie sicherlich gegen 9.00 Uhr schon gewesen, in letzter Zeit stehe sie früh auf (was ist "früh" bei einem Streifenhörnchen ???). Evt. sei sie in ihrem Käfig gewesen, vielleicht aber auch in der Küche, genau könne sie das nun wirklich nicht sagen, gehört und gesehen habe sie auch nichts. Im Prinzip seien ihr die Angelegenheiten anderer Leute auch völlig egal, mit Büchern könne sie auch nichts anfangen (außer hin und wieder draufzusitzen).
Im übrigen müsse sie auch gerade morgens immer besonders aufpassen, da sei die Wackelnasen- Hexe Klementine immer besonders hinter ihr her. Wann man da eigentlich mal was gegen unternehmen wolle?????
Auf die Bemerkung, das sei wohl nicht die Aufgabe von in einem Mordfall ermittelnden Beamten, konnte man noch leises (aber gerade laut genug!) Gemurmel vernehmen: "Unwesen, die harmlose Streifenhörnchen jagen, sei schließlich alles zuzutrauen....!".

5)Fidibus (3/4 Jahr), Zwerghamster
Er konnte erst während der Nacht befragt werden und war sehr ungehalten über die Störung. Gesehen und gehört habe er überhaupt nichts, er grabe sich immer ein, damit er nichts mitbekommt von Angelegenheiten, die ihn nicht interessieren. Ob man denn 9.00 Uhr morgens meine oder 9.00 Uhr abends? Eigentlich sei das aber auch egal, da er um diese Zeit weder morgens noch abends aktiv sei und im übrigen auch nicht weiter belästigt werden wolle.
Gesagt und verschwunden.


Dem Täter auf der Spur

Noch während die Polizei auf das Ergebnis der Analyse einiger brauner Kugeln , welche in der unmittelbaren Nähe des Fundorts der Bücherleiche sichergestellt wurden, wartet, meldete sich ein Zeuge, der in der Nähe des Tatorts ein Foto gemacht hat:




Diese Ohren haben die Beamten schon mal gesehen! Sofort machen sie sich auf den Weg, den Verdächtigen zu verhaften, nicht ohne die Warnung, sich keinesfalls alleine dem möglichen Täter zu nähern, er gelte als sehr gefährlich und mit messerscharfen Zähnen bewaffnet, von denen er gnadenlos gebraucht macht.


Der Killer

In den Nachmittagsstunden des 07.06.2005 konnte der Büchermörder Bounty verhaftet und durch Beweise überführt werden. Hier ein Bild des Täters:




Die genaue Anzahl seiner Opfer läßt sich wohl nicht ermitteln, auch über das Motiv herrscht Unklarheit.
Die Tatsache, daß die letzten beiden Opfer Bücher aus der Stadtbibliothek waren, rückt jedoch die Bücherei ins Blickfeld der Ermittler: sie profitiert letztlich nicht unerheblich, wird ihr Bestand doch durch Ersatzanschaffungen zu Lasten von Sylvia F. aufgefrischt. Z.Z. steht also die Frage im Raum, ob Bounty im Auftrag der Stadtbücherei als Killer unterwegs war.
Auch die Frage, ob Klementinchen seine Komplizin war, ist noch ungeklärt; immerhin gibt es aber ein sehr belastendes Foto, und von Rätselheften zu Bücher ist der Schritt nicht weit:






Nachwort

Bounty gilt als eindeutig überführt, das Büchervolk in der Wohnung M.-L.-Str. fordert eine harte Bestrafung.
Von Seiten der Staatsanwaltschaft sind Strafen zwischen 1 Monat Aufenthalt im Hamsterauslauf und 1 Woche im Hochsicherheitsgefängnis "Kaninchenkäfig" im Gespräch.
Ein Blick auf die Richterin läßt jedoch befürchten, daß sie dem Charme und dem unverwechselbaren ich-war´s-nicht- Blick von Bounty erliegen könnte; als Höchststrafe kann Bounty dann wohl nur mit 3 Tage Möhrenentzug rechnen......



Liebe Grüße

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#2

RE: Mord in Remscheid

in Fotos- und Geschichten 24.07.2008 21:07
von MissMarple • Besucher | 728 Beiträge

Vielleicht wurde Bounty auch nur gewaltig unterschätzt und ist in wirklichkeit ein Knallharter Kritiker,
davon gibt es im Vergleich zur schlechten Literatur doch viel zu wenige,
ich hätte da noch eine Biografie ( ein Geschenk grr ) die hätte ich Bounty zur Verfügung stellen
sollen und ich hätte mich nicht so geärgert

LG
Susanne

Ein hübscher Kerl ist dein Bounty gewesen

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#3

RE: Mord in Remscheid

in Fotos- und Geschichten 25.07.2008 00:26
von Glämmi • Besucher | 240 Beiträge

ein hoch auf die Kaninchen

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#4

RE: Mord in Remscheid

in Fotos- und Geschichten 25.07.2008 15:52
von kaninchengabi • 4.576 Beiträge

Sylvia, dass ist einfach herrlich geschrieben
Ich kann Bounty aber im nachhinein verstehen, bei so einer Überbevölkerung der BücherbewohnerInnen, musste er einfach zeigen, dass er der geborene Chef ist und auch diese sich ihn unterordnen mussten. Stehen und liegen sie doch einfach so in den Regalen herum, die er als hochherrschaftlichen Sitz erwählt hatte.

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